Humanismus ist keine Privatsache – Reinhard Marx im Bayerischen Landtag

Reinhard Marx, Bischof von München und Freising, durfte einen Vortrag im Bayerischen Landtag halten. Hier meine Antwort darauf:

Eine humanistische Weltanschauung ist keine Privatsache, sonReinhard Marxdern eine öffentliche Angelegenheit, denn sie trägt zur Grundlage von Staat und Gesellschaft bei. Die Idee einer positiven Neutralität des Staates gegenüber einer humanistischen Bildung wendet sich gegen die Gefahr im Rechtsstaat, auf Religionen als vermeintliche Sinnstifter angewiesen zu sein.

Der freiheitliche Verfassungsstaat ist auf eine freie, aufgeklärte, humanistische Weltanschauung angewiesen, denn diese schafft dessen Wertebasis. Die weltanschauliche Neutralität des Staates meint keineswegs eine Wertneutralität des Staates.

Humanistische Weltanschauung und Staat sind aufeinander bezogen zu betrachten. Das stellt ihre Trennung jedoch nicht in Frage. Die weltanschauliche Neutralität des Staates ist vielmehr auch im Interesse der verschiedenen weltanschaulichen Gruppierungen. Auch der Humanismus tritt für die Weltanschauungsfreiheit anderer Weltanschauungen ein. Deswegen soll auch weiterhin den Christen in Deutschland der Bau von würdigen Kirchen ermöglicht werden müsse.

Der Staat ist nicht verpflichtet, alle Weltanschauungen völlig identisch zu behandeln. Bei der Ausgestaltung des staatlichen Verhältnisses zu den verschiedenen Weltanschauungen sind die verschiedenen Weltanschauungen an ihrem konstruktiven Beitrag zu Staat und Gesellschaft zu messen, wenn der Staat seine Grundlagen und seine Freiheitsfähigkeit langfristig sichern will.

Ich bin besorgt über die zunehmende Kritik an humanistischen und atheistischen Haltungen. Eine kämpferische Gegnerschaft zur Kooperation von Staat und Humanismus gibt es seit jeher; verheerend ist jedoch die zunehmende Unkenntnis über die Funktion von Aufklärung und Humanismus im freiheitlichen Rechtsstaat und über das Verhältnis von Staat und Weltanschauung, die eine angemessene Einordnung solcher Kritik am Humanismus verhindert.

Grundsätzlich ist die Ausgestaltung der weltanschaulichen Freiheiten in Deutschland positiv. Das entpflichtet den Staat und die Weltanschauungen nicht, sich auch den Herausforderungen zu stellen, die sich durch zunehmend aufkeimenden Missionseifer und auf Religion beruhende Intoleranz ergeben. Die Humanisten scheuen eine solche Diskussion nicht; sie ist vielmehr auch aus atheistischer Sicht durchaus wünschenswert, um einerseits das Verhältnis des Staates gegenüber den verschiedenen Weltanschauungen deutlich zu machen sowie um andererseits das Verständnis für das bestehende Verhältnis von Staat und Weltanschauungen zu schärfen.

Im Bayerischen Landtag sollten aktuelle Gegenwarts-Themen aus verschiedenen Blickwinkeln diskutiert werden. Aus diesem Grunde sollten auch Sprecher aus dem humanistischen und atheistischen Bereich eingeladen werden.

Dieser Artikel ist eine Antwort auf die Aussage von Reinhard Marx im Bayerischen Landtag und spiegelt nicht in jedem Detail die Meinung des Autors wider. Manche Stellen sind total unsinnig. Manche aber auch nicht 😉

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