Im September 2009 stellte ich die Frage „Lügner! Hoyos oder Arborelius? “ – denn bei zwei sich widersprechenden Aussagen muß eine falsch, also gelogen sein. Hoyos, früherer Präfekt der Kongregration für den Klerus, hatte damals behauptet, der Vatikan sei erst spät über die Aussagen Williamson informiert worden und hat darüberhinaus Williamson in Schutz genommen.
In der Druckausgabe der Süddeutschen Zeitung vom 17. April 2010 ist nun unter dem Titel „Missbrauch gedeckt“ zu lesen: „Hoyos hatte Bischof Pierre Pican dafür gelobt, dass er einen Priester gedeckt hatte, der wegen Vergewaltigung und sexuellen Missbrauchs im Jahr 2000 zu 18 Jahren Gefängnis verurteilt worden war. Pican wurde deswegen zu drei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. ‚Ich beglückwünsche Sie […]‘ heißt es in Hoyos Schreiben.“ Um auf meine damalige Frage zurückzukommen – natürlich ist Hoyos damit nicht der Lüge im Fall Williamson überführt. Man kann jedoch mutmaßen, wie sehr sich Hoyos an ethische Regeln hält – oder nicht.
Bei solchen Ansichten katholischer Würdenträger, in- und außerhalb des Vatikan, kann man sich über vieles wundern, jedoch nicht über die aktuellen Schlagzeilen betreffend den Umgang mit Kindesmißhandlungen und Kindesmißbräuche der vergangenen Jahrzehnten. Wer sich so schützend vor Straftäter stellt (auch Williamson ist inzwischen verurteilt, Deutsche Welle), hat in meinen Augen jegliche Berechtigung verloren, sich moralisierend über andere zu erheben.
Hier steht: „Williamson und pädophile Priester“, der Artikel aber sagt nichts über pädophile Priester oder überhaupt über Pädophilie aus. Pädophilie ist etwas anderes. Der Autor des Artikels hat offensichtlich kein Wörterbuch verwendet, als er den Artikel schrieb, stattdessen verwendete er Wörter, von denen er falsch informiert ist, was sie bedeuten. Ich habe noch von keinem einzigen Priester gehört, der pädophil ist! Ich bezweifle, dass es einen signifikanten Anteil Pädophiler gibt, die irgendetwas mit der Kirche auch nur zu tun haben möchten.
Ich verwende meines Erachtens die übliche Definition, z.B. „Der Begriff Pädophilie (von griechisch παῖς (pais) „Knabe, Kind“ und φιλία (philia) „Freundschaft“) bezeichnet das primäre sexuelle Interesse an Personen, die noch nicht die Pubertät erreicht haben.“ (http://de.wikipedia.org/wiki/P%C3%A4dophilie). Ein weiterer Artikel dazu: http://www.welt.de/politik/ausland/article7206798/Bischof-vertuscht-Missbrauchsfall-Kardinal-dankt.html
Nun, wenn Sie unter dieser Definition die Behauptung aufstellen, es habe irgendwo Priester gegeben, die pädophil seien, und das habe etwas mit ihrem Artikel zu tun, dann wären für den Leser Belege sehr hilfreich. Es scheint mir aber eher so, dass Sie unterstellend davon ausgehen, wenn es Fälle von Sexualdelikten gegenüber Kindern gegeben hat, so muss dies auch mit einer sexuellen Präferenz gegenüber Kindern zu tun haben. Dies wäre schlichtweg ein gedanklicher Kurzschluss. Ein Sexualdelikt an einem Kind lässt nicht darauf schließen, dass deswegen eine sexuelle Präferenz beim Täter gegenüber Kindern besteht. Auch ein sekundäres sexuelles Interesse an Kindern, was unter Erwachsenen sehr häufig ist und eine vollkommen andere Persönlichkeit darstellt, kann der Grund sein, und laut Statistik ist dies der häufigere Fall. Falls es dennoch bei den von Ihnen genannten Taten Belege dafür gibt, dass es sich laut Ihrer eigens genannten Definition tatsächlich um „pädophile“ Täter handelte, bitte ich Sie, diese Belege vorzubringen oder andernfalls Ihren Stil der Berichterstattung in Zukunft sorgfältiger zu gestalten.
Mit freundlichen Grüßen,
Benjamin_Studer
In meinem oben angeführten Link und anderen Quellen wurde der Priester als „pädophil“ bezeichnet. Daher habe ich auch diesen Begriff verwendet und gehe davon aus, daß er in den zitierten Artikel korrekt verwendet wurde. Ich gebe zu, aus dem Artikel geht nicht direkt hervor, daß der Priester primär auf Kinder fixiert ist. Streng genommen mag also der Begriff pädophil hier falsch sein. An der generellen Aussage des Artikels ändert sich dadurch allerdings nichts; eventuell wäre der Begriff „pädophil“ durch „kindermißbrauchend“ zu ersetzen.
Aha, ja, ich verstehe. Ich empfehle es, generell nicht viel darauf zu geben, wenn in Artikeln von „pädophil“ die Rede ist, da ich oft nachrecherchiere und feststellen muss, dass es sich keineswegs wirklich um Pädophilie handelt. Es ist also problematisch, dieses Wort von anderen Artikeln zu übernehmen. Meiner Erfahrung nach muss bei derartigen Artikeln – solange kein konkreter Hinweis angegeben wird, dass die entsprechende Person im eigentlichen Sinne pädophil ist – einfach davon ausgegangen werden, dass das Wort falsch verwendet wird. Oft sogar wird absichtlich modischer Missbrauch betrieben, um Artikel dieser Sparte zu sensationalisieren.