Die Großkirchen und das Erdbeben in Haiti

Durch ein schweres Erdbeben am 13. Januar 2010 wurden in Haiti offensichtlich mehr als 100 000 Menschen getötet. Das Ausmaß dieser Tragödie kann man als einzelner Mensch wohl nicht vollständig erfassen. Nach dem Beben zeigt sich die internationale Gemeinschaft solidarisch und versucht den Opfern zu helfen.

Es fällt schwer, angesichts dieses Unglücks kritisch zu reflektieren, wie die Kirchen tatsächlich helfen. Fundiert kann man dies wohl erst im Nachhinein tun, ich wollte mir aber dennoch einen ersten Eindruck mittels einer Internetrecherche verschaffen, die sich auf die katholische und evangelische Kirche konzentriert.

Die evangelische Kirche berichtet auf ihrem Internetportal ausführlich in mehreren Artikeln über die Katastrophe und ruft zu Spenden auf. Der Auslöser für diesen Blogeintrag war ein etwas seltsamer Artikel: Würdige Trauerfeiern für Erdbebenopfer (evangelisch.de). Hier wird, vom evangelischen Pressedienst, Markus Graulich vom obersten vatikanischen Gerichtshof zitiert: „Auch im Katastrophenfall müsse für jeden Verstorbenen ein ‚würdiges Begräbnis‘ garantiert werden, sagte Markus Graulich von der Apostolischen Signatur, dem Obersten vatikanischen Gerichtshof, dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Rom. Laut Kirchenrecht sind Beisetzungen ’nach den Maßgaben der liturgischen Gesetze zu feiern‘.“ Und weiter: „Zur kirchlichen Mindestanforderung gehören nach seinen Worten zudem eine Segnung des Grabes, ein Verabschiedungsritus, der an die Taufe erinnert, und die Erinnerung an die Vergänglichkeit des Menschen. Die große Mehrheit der Haitianer ist katholischen Glaubens.“

Wenn man den Berichterstattungen über das Chaos in Haiti glauben darf, dann mutet es zynisch an, darüber zu diskutieren, wie der minimale Ritus für ein Begräbnis auszusehen hat. Man sollte sich zuerst um die lebenden kümmern!

Natürlich rufen die Kirchen zur Hilfe auf, auch auf evangelisch.de finden sich Spendenaufrufe.

Die meisten Haitianer sind Katholiken, dementsprechend fanden sich in meiner Recherche mehr Webseiten, die sich von der katholischen Seite mit dem Unglück beschäftigen. Offensichtlich sind viele kirchliche Mitarbeiter unter den Toten.

Wie hilft die katholische Kirche? Stellt der Vatikan Geldmittel zur Verfügung? Zum einen über die Caritas-Organisation (Radio Vatikan). Der Papst hat auch schnell das Engagement der kirchlichen Hilfswerke zugesichert (Kipa-Apic.ch). Sicherlich retten diese Hilfswerke Menschenleben in Haiti. Nur, die Kirchenquote, also der Anteil der Gelder, die von der katholischen Kirche geleistet wird, liegt bei unter 2% (Carsten Frerk). Dies sind also Gelder, die von den Gläubigen oder von staatlichen Zuwendungen stammen. Die katholische Kirche leistet also selbst nichts – außer dem Aufruf zur Spende. Wie hilft die katholische Kirche noch? Durch den Aufruf des Papstes zu Gebeten und zur „konkrete[n] Solidarität“ (domradio.de)? Durch eine Messe in Rom (Radio Vatikan)?

In meiner Internetrecherche bin ich auf Artikel gestoßen, die zeigen, wie engagiert die kirchlichen Hilfsorganisationen zu Werke gegen (z.B. www.katholisch.de) . Dafür meinen großen Respekt. Ich konnte aber keinen Hinweis darauf finden, daß die katholische Kirche selbst Gelder in nennenswertem Umfang zur Verfügung gestellt hat (über Hinweise bin ich dankbar!). Und die evangelische Kirche? Wird hier mehr getan als gebetet und zu Spenden aufgerufen, wie Frau Käßmann auf evangelisch.de? Nun, zumindest eine Landeskirche, die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau, leistet direkt monetäre Hilfe (ekd.de), aus meiner Sicht ein kleiner Lichtblick.

Als erste Zusammenfassung sehe ich, daß die Solidarität mit den Opfern des Erbebens zu Anteilnahme und Spenden in der Bevölkerung führt. Konkrete, monetäre Hilfsmaßnahmen der katholischen Kirche konnte ich bisher nicht aufspüren, einen Hinweis auf eine monetäre Hilfe einer evangelischen Landeskirche konnte ich im WWW finden. Es ist natürlich möglich, daß sich dies in den nächsten Tagen noch ändert, und weitere Zuwendungen von den Kirchen zur Verfügung gestellt werden, z.B. gerade von der katholischen Kirche, deren Kapital weltweit wahrscheinlich gar nicht abgeschätzt werden kann. Größtenteils beschränken sich die Hilfen der Großkirchen also auf Beten und Appelle zur Solidarität.

 Ergänzung am 18.01.2010: Inzwischen haben auch zwei katholische Bistümer, Köln und Limnburg, monetäre Hilfe zugesagt (domradio.de).

 

2 Gedanken zu „Die Großkirchen und das Erdbeben in Haiti

    1. atheologie

      Es ist gut zu wissen, daß es noch standhafte Katholiken gibt, die ihren Prinzipien auch in schweren Zeiten treu bleiben!

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